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Rückblicke

NASCAR Saison 1969 – Neue Fahrergewerkschaft und Streikbereitschaft

Nichtsdestotrotz, Bill France hatte das sichere Gefühl das da etwas am kochen war. Dabei hatte er gerade ganz andere Sorgen. Der Alabama International Motor Speedway in Talladega, einer 7 km² großen Rennsportanlage, die France vergleichsweise vorsichtig als die schönste Sportstätte der Nation bezeichnete, stand kurzvor ihrer Eröffnung. Das erste Rennen sollte schon in weniger als einem Monat, dem 14. September 1969 auf dem 2,66 Meilen langen Kurs ausgetragen werden. Bobby Allison, der nicht weit von der Strecke sein Zuhause hatte, besuchte Anfang Juli die Baustelle. „Hier könnte man durchgehend 200 mph fahren, wenn die Reifenfirmen in der Lage sind Reifen zu fertigen, die das durchhalten,“ vermerkte er. Am 24. Juli umrundete er das Riesenoval mit einem Personenwagen und stellte fest, das der Belag „extrem holperig war. Der erste Kommentar zu Bill France neuem Baby fiel erst mal negativ aus.

Es waren noch 21 Startplätze am zweiten Tag der Qualifikationen zu vergeben, doch nur vier Wagen fuhren durch die Lichtschranken der Zeitnahme. Bill Seifert (174,426), J. C. Spradley (164,807), Cecil Gordon (161,459) und Frank Waren (159,987) holten die Plätze 10-13 in der Startaufstellung. Die meisten Teams mussten feststellen, das die über Nacht gelieferten neuen Reifen, keinen Deut besser hielten, als die alten. Am Donnerstag Abend waren die Reifentechniker von Goodyear und Firestone mit ihrem Latein am Ende. Ihre Chefs in den Hauptquartieren versprachen, das neue Gummimischungen per Charterflugzeug am Freitag eintreffen würden.

Während des Trainings am Freitag Morgen, testeten die Teams alle ihre verschiedenen Reifenmischungen, aber war keine Verbesserung in Sicht, als 14 weitere Fahrer versuchten, gegen die Uhr zu fahren. Die Ergebnisse reichten von Donnie Allison’s 197,847 mph bis Henley Gray’s 145,067 mph, und am Streckenrand wurden wieder unzählige spontane Konferenzen abgehalten. Als die Sonne schon tief am blauen Himmel von Alabama stand, wurde aus dem Stehgreif ein letzter ultimativer Test beschlossen. Charlie Glotzbach’s Dodge sollte alle vorhandenen Goodyear Reifentypen, und Donnie Allison’s Ford alle Gummimischungen von Firestone nacheinander durchtesten. Beide Fahrer sollten absolut ans Limit gehen und nach vier Runden alle vier Reifen an Box wechseln lassen. „Das Herz pochte mir die ganze Zeit bis zum Hals,“ gestand Allison. „Ich weiß jetzt, wie viel Angst Versuchskaninchen ertragen müssen.“

Die Reifentechniker von Firestone studierten jeden ihrer Reifensätze und trafen eine Entscheidung: Für das erste Talladega 500 würden sie keinen Reifen an irgend einem Grand National Fahrzeug montieren. Firestone packte seine Sachen und verließ die Strecke. Bei Goodyear war der Test genauso niederschmetternd ausgefallen und die Techniker begannen ebenfalls ihre Sachen zu packen. Bill France bekniete Goodyear’s Pressesprecher Dick Ralstin noch ein wenig zu warten. Nach einem Gespräch unter vier Augen versprach Ralstin, das Goodyear bis Sonntag neue Reifen liefern werde. Doch die meisten Fahrer gingen am Freitag mit der Gewissheit ins Bett, das am Sonntag kein Talladega 500 stattfinden würde. Richard Petty streifte durch das dunkle Fahrerlager und sammelte Meinungen. Einigkeit allenthalben: Keiner wollte fahren.

Um 10.30 Uhr am Sonnabend trafen Richard Petty und Bill France im Fahrerlager aufeinander. Petty informierte France über die Entscheidung der PDA Mitglieder,nicht zum Rennen anzutreten. „Morgen wird ein Rennen stattfinden,“ bellte France. „Wenn du nicht starten willst, pack deine Sachen und hau ab!“ Die Petty Crew lud ihren Ford auf den Trailer, und bis zum Mittag hatten weitere 14 Teams ihre Wagen auf den Hänger geladen. Kurz nach dem Mittagessen trafen Petty und France erneut in der Garage Area zusammen. Diesmal begleitete eine ganze Anzahl weiterer Fahrer ihren PDA Präsidenten zu diesem Treffen. Petty versuchte France davon zu überzeugen, das es zu einer Verschiebung des Rennens keine Alternative gab. „Was ihr Würstchen macht, ist euer Problem,“ warnte France, „aber hört auf die Jungs zu bedrohen, die hier fahren wollen. Wenn ihr nicht wollt, dann geht!“ „Moment mal,“ schoss Petty zurück. „Der einzigste der hier jemanden bedroht, bist du.“ Donnie Allison drängte die Zwei auseinander. „Bill, schau dir malden rechten Vorderreifen von Dave Marcis an. Der hat sich in alle Einzelteile zerlegt, obwohl er nur eine Runde mit 185 mph hinter sich hatte.“ „Wenn sich die Reifen bei 190 mph auflösen,“ konterte France, „dann fahrt eben nur 175 oder 180.“ Jetzt platzte LeeRoy Yarbrough der Kragen: „Wie gefällt dir der Gedanke, nächste Woche ein paar Beerdigungen organisieren zu müssen?“ Bill France musterte die Reihe der Fahrer, die ihm gegenüberstanden. „Ich lass es drauf ankommen. Morgen wird ein Rennen gestartet und der Sieger erhält das versprochene Preisgeld. Wenn ihr nicht mitmachen wollt, verlasst die Strecke.“