Mit nun zwölf Jahren war der kleine Sprössling NASCAR zu einem großen, gesunden Burschen herangewachsen. Von 1949 bis 1961 war es Bill France gelungen, das Hinterwäldler-Image des Grand National abzulegen. Vorbei die Zeiten, in der die Wochenend-Rennfahrer von Montag bis Freitag mit der Auslieferung schwarz gebranntem Fusels beschäftigt waren. Vorbei die Zeiten, wo dubiose Rennveranstalter mit hochgeschlagenen Mantelkragen im trüben Licht durch geheime Hintertüren verschwanden. In den Taschen die Gelder, die den armen Burschen auf der Rennstrecke versprochen waren. Vorbei auch die Zeiten, das private Familienkutschen mit abgeklebten Scheinwerfern und zugebundenen Türen am Sonntag mit ihresgleichen Wagenlack austauschten. Grand National und NASCAR waren zu einem allgemein respektierten Größe des Sports in den USA geworden. Auch die Fahrer begannen ihre landesweite Popularität zu begreifen und wurden auch schon von den Medien hofiert. Einige trugen bereits so etwas wie eine Fahreruniform, die sie für alle erkennbar machten. Auf Fotos ließ man sich jetzt schon mit einem Mineralwasser in der Hand ablichten, uns nicht mehr mit einem flaschenartigen Gegenstand in braunem Packpapier.
Neue Speedways, riesige Ovale mit enormer Zuschauerkapazität, entstanden überall im Land. Die Superspeedway Rennen brachten mehr Zuschauer und mehr landesweite Aufmerksamkeit. Bill France selbst hatte den Grundstein zum „Superspeedway Boom“, mit dem Bau des Daytona International Speedway, gelegt. 1960 kamen drei neue dazu — Marchbanks Speedway in Hanford, Kalifornien; Atlanta International Raceway in Hampton, Georgia; und der Charlotte Motor Speedway in North Carolina’s Queen City. Alle drei Speedways hatten bis zu ihrer Fertigstellung mit diversen Problemen zu kämpfen. Gerade die Fertigstellung des Charlotte Speedway war von einer Unzahl großer und kleiner Probleme gebeutelt, die sich bis weit in den Sommer der neuen Saison 1961 übertrugen und zu einer der größten Herausforderungen für Bill France und NASCAR wurden — der Kampf mit der Fahrer Gewerkschaft.
Am 29. Juli 1959 fand eine Grundsteinlegung auf dem Landstück US 29 im Cabarras County, nördlich von Charlotte. Von diesem Moment an ging’s bergab. Die geplanten Kosten von $1.000.000 wurden weit überschritten. „Ich hatte die Finanzierung sogar großzügig gerechnet,“ sagte Curtis Turner, der erste Präsident des Charlotte Motor Speedway. „Alles lief problemlos, bis wir auf Stein stießen. Die Ergebnisse der Probebohrungen sagten, das es sich um Felsbrocken handelt. Laut Vertrag sollte der Abraum von Erde, einschließlich auftretender Steine 18 Cents pro Yard kosten. Aber anstelle von Steinen stießen wir auf eine halbe Millionen Yards soliden Granits. Die Abtragung kostete 1 Dollar pro Yard ohne die zusätzlichen Kosten für Dynamit. So kostete die erste Kurve schon $70.000 und der Rest insgesamt $500.000 mehr als eigentlich geplant.“ Es grenzt an ein Wunder das der Speedway überhaupt fertig wurde. Turner und Vizepräsident Bruton Smith sammelten und liehen Geld aus den unterschiedlichsten Quellen. In ihren dunkelsten Stunden hatten sie manchmal gerade genug zusammen um die Arbeiter für den kommenden Tag zu entlohnen. Bevor das Eröffnungsrennen am 19. Juni 1960 stattfand hatten sich die Schulden auf eine halbe Millionen Dollar aufgetürmt. 11 Stunden vor dem Start konnte Turner $106.000 Preisgeld auf einem Treuhandkonto nachweisen. Es wurde angenommen, das Turner mal wieder eine seiner berühmten, oder berüchtigten, Transaktionen gestartet hatte um das Preisgeld zu sichern. Die 35.462 Zuschauer brachten genügend Eintrittsgeld um die laufenden Kosten, einschließlich des Preisgelds zu sichern, aber die restlichen Schulden warteten weiter auf ihre Bezahlung.
Es wird berichtet das es schon kurz nach dem ersten World 600 zu ersten Annäherungen zwischen Curtis Turner und der Gewerkschaft der Transportarbeiter bezüglich einer Bürgschaft von $800.000 kam. Der Anwalt William R. Rabin wurde beauftragt die Bücher des Charlotte Motor Speedways zu prüfen. Interessant dabei, das Rabin Vertrauter vieler reicher Männer, darunter auch von Gewerkschaftsboss Jimmy Hoffa war. Rabin sollte die Gläubiger beruhigen und dem Management der Strecke Zeit zu geben ihre finanziellen Probleme in den Griff zu kriegen. Er war aber auch das Verbindungsglied zwischen Turner und den Gewerkschaften hinsichtlich der gewünschten Bürgschaft. Für die $800.000 wurde Turner gebeten, die gewerkschaftliche Organisation seiner alten Fahrerkollegen als Teil des Deals zu übernehmen. Vorsichtig fühlte er ein weinig bei den Fahrern vor, verwarf die Idee der Gewerkschaft aber schnell. Innerhalb von 12 Monaten zog sich der Charlotte Motor Speedway langsam aus dem Sumpf seiner Schulden heraus. Da aber die Gläubiger, wie auch Anteilseigner, keine Geduld mehr hatten wurde Curtis Turner Anfang Juni 1961 als Präsident abgesetzt und Bruton Smith mit dem Posten des Werbechefs abgefunden. Das Treffen der Anteilseigner, in deren stürmischen Verlauf die Absetzung beschlossen wurde, fand entgegen der Gesetzte North Carolinas ohne den amtierenden Präsidenten Curtis Turner statt.
Hastig suchte er nach einem Weg, die Strecke, die er gebaut hatte, wieder in seine Hände zu bekommen. Zuerst nahm wieder Kontakt zu den Teamsters auf und erklärte sich bereit, die Stock Car Fahrer zu organisieren. Gerade Jimmy Hoffa’s straff organisierte Gewerkschaft der Transportarbeiter war bereit enorme Summen zu bezahlen sollte es jemanden gelingen, erstmals Profisportler unter seine Fittiche zu bringen. In der Woche um den 7. August trafen sich Turner und einige Männer aus der Rennszene mit führenden Gewerkschaftlern – Nick Torzeski, der für den Sportbereich zuständig war und Harold Gibbons, rechte Hand von Hoffa. Still und heimlich hoben ein paar Fahrer aus den NASCAR und USAC Rängen die „Federation of Professionel Athletes“ aus der Taufe. Absicht war es, so sagten sie, eine Vereinigung von professionellen Rennfahrern über die Grenzen ihrer eigenen Organisationen wie NASCAR, USAC, IMCA und anderen zu formieren. Die erstrebten Ziele für ihre Mitglieder sollten sein: 1. höhere Preisgelder, 2. Pensionsfond, 3. bessere Krankenversicherung, 4. Stipendien für die Kinder getöteter Rennfahrer und 5. vernünftige Einrichtungen an den Strecken wie Duschen und Ruheräume. Teilnehmer dieses Geheimtreffens, so wurde berichtet, waren Fireball Roberts, Tim Flock von NASCAR und Paul Goldsmith von USAC. Don Branson von USAC war eingeladen worden, aber nicht gekommen. Unbestätigt blieben Meldungen nach denen auch der Indy 500 Sieger von 1956, Pat Flaherty, und der AAA Champion von 1952 Chuck Stevenson an der Gründung der Organisation beteiligt waren, die von den Gewerkschaftlern den Namen FPA bekam. John Marcum, Präsident der Midwest Association of Race Cars, dem Vorgänger der ARCA, wurde der Job des Vizepräsidenten der FPA offeriert, den er nach einigen Tagen Überlegungszeit aber ablehnte.