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Rückblicke

NASCAR Saison 1961 – ein neuer Herausforderer, NASCAR vs. Teamsters

Turner versprach Nick Torzeski und Hal Gibbons alles zu tun, um den größten Teil der Stock Car Fahrer von der Mitgliedschaft in Bill Franceder FPA zu überzeugen. Im Gegenzug sollte er die versprochenen $850.000 erhalten. Genug um den Charlotte Motor Speedway vor dem Bankrott zu bewahren. Turner verlegte sein Hauptquartier nach Winston-Salem, North Carolina, und gab am 8. August 1961 folgende Erklärung ab: „Eine Mehrheit der Fahrer des Grand National hat die Anmeldung unterschrieben und die 10 Dollar Aufnahmegebühr für die Mitgliedschaft in der Federation of Professional Athletes bezahlt.“ Diese Meldung rief einen wutschnaubenden Bill France vor die Mikrophone. „Nicht ein Gewerkschaftler wird je bei einem NASCAR Rennen antreten,“ feuerte er zurück. „And I’ll use a pistol to enforce it.“ Just an diesem 9. August sollte in Salem’s Bowman-Gray Stadium ein 37,5 Meilen Grand National Rennen stattfinden. Bill France hetzte nach Winston-Salem, versammelte die Fahrer in einem leerstehenden Gebäude nahe der Strecke und redete Klartext. „Meine Herren, bevor mir diese Vereinigung im Halse stecken bleibt, werde ich meinen 2,5 Meilen Kurs in Daytona Beach planieren und dort Getreide pflanzen.“ Um seinen Standpunkt noch zu unterstreichen, suspendierte er Curtis Turner, Tim Flock und Fireball Roberts, die Gründungsmitglieder der FPA, auf Lebenszeit. Er fügte hinzu: „Der Autorennsport ist eine der wenigen Sportarten, in denen es noch nie Skandale gab. Wir werden die Einflussnahmen der Gewerkschaft bekämpfen, bis diese Sache ausgestanden ist.“

Turner konterte mit einer vorbereiteten schriftlichen Erklärung welche an die Fahrer, alle Mitglieder, viele Tageszeitungen und Boulevardblätter verteilt wurde.
Turner’s Erklärung im Wortlaut
Bill France, kein Anfänger in Sachen Kraftmeierei, lancierte ebenfalls ein fertiges Schriftstück.
Erklärung von Bill France im Wortlaut

Am Freitag, dem 11. August 1961, verließ Fireball Roberts die Fahrerunion. „Ich bin mir nicht sicher über die Motive der anderen FPA Gründer, aber ich nehme mal an, es waren die selben wie meine. Ich wollte Verbesserungen für die Fahrer, die Wagenbesitzer, mich selbst und den Rennsport im Allgemeinen. Aber ich sehe nun, das die Bindung der FPA an die Gewerkschaften unter den jetzigen Umständen unserem Sport mehr Nachteile als Vorteile bringt. Die Gewerkschaften werden versuchen ihre Absichten mit gerichtlichen Verfügungen und Prozessen durchzusetzen und das kann zum Zusammenbruch der Rennszene des ganzen Südens führen. Wenn das passiert, dann werden einige gute Bekannte große Probleme bekommen. Ich persönlich kann die nächsten fünf Jahre ohne Cockpit auskommen, aber viele andere im Rennzirkus haben nicht so viel Geld. Ich werde meinen Fahrerkollegen, die in den letzten 15 Jahre meine Freunde waren, keinen Schaden zufügen. Damit habe ich nichts zu tun.“ Bereits am späten Nachmittag wurde Roberts wieder von NASCAR aufgenommen.

Die verbale Auseinandersetzung zwischen Curtis Turner und Bill France setzte sich nahtlos fort. „Ich kann das verstehen, wenn Bill France über Pistolen redet und unser Leben bedroht,“ sagte Turner. „Ich vermute mal Fireball hatte einfach keine Lust sich erschießen zu lassen, aber ich bin sicher, er ist noch immer auf unserer Seite.“ Turner argumentierte wieder mit der Kostenseite. „Es wird immer teuerer bei einem Rennen anzutreten,“ sagte er. „Die Transportkosten sind gestiegen, die Mechaniker verlangen immer mehr Geld. Die Übernachtungskosten steigen jedes Jahr. Das alles muss vom Preisgeld bezahlt werden.“ „Vor zehn Jahren zahlte Darlington $25.000 als Preisgeld für das Southern 500,“ schoss France zurück. „Heute beträgt die Börse fast $100.000.“ „Es gibt 72.000 Menschen die im Rennbusiness von Amerika beschäftigt sind,“ sagte Turner. „Es gibt 432 Strecken die unabhängig von irgendwelchen Organisationen Rennen ausrichten. Bill France sieht sehr klein aus, verglichen mit all diesen Aktivitäten und den vielen Menschen den USA, die daran beteiligt sind. Die Mehrheit der Fahrer ist nicht so dumm wie France denkt,“ argumentierte er weiter. „Sie haben all diese leeren Versprechungen in den letzten 15 Jahren gehört. Aber die haben alle nur dazu geführt, das die Fahrer immer mehr abmagerten und die Veranstalter immer fetter wurden.“ France nahm den Ball volley: „Wenn die Fahrer sich der Gewerkschaft anschließen, werden sie alle Unterstützung der Werke verlieren. Die Privatfahrer werden ihren Mechanikern am Samstag den anderthalbfachen, und am Sonntag den doppelten Lohn zahlen müssen. Die werden schnell feststellen worauf sie sich da eingelassen haben.“

Eine Konsequenz die NASCAR während des Disputs mit der FPA zog, war die Einsetzung des Grand National Beirats. Der Rat wurde gebildet aus zwei Fahrern, zwei NASCAR Führungskräften, zwei Teambesitzern und zwei Vertreter der Veranstalter. Ned Jarrett und Rex White vertraten die Fahrer, Ed Otto und Pat Purcell sprachen für NASCAR, Rex Lovette und Lee Petty repräsentierten die Teambesitzer und die Veranstalter schickten Clay Earles und Enoch Staley. „Der Beirat wird sich mit dem Regelwerk, den Teilnahmebedingungen und den Preisgeldern beschäftigen, außerdem eine umfassende Studie über die Möglichkeiten eines Pensionsfonds erarbeiten und sich mit der Förderung des Rennsports zum Vorteil aller Beteiligten befassen,“ sagte NASCAR Vorstand Pat Purcell. „Der Erfolg des Beirats hängt von den Bemühungen seiner Mitglieder ab, ob und wie sie ihre Ideen und Vorstellungen aktiv zu vertreten. Ich glaube keiner wird erwarten, das der Beirat in ein paar Wochen Lösungen für Probleme präsentiert, zu deren Erkenntnis NASCAR 12 Jahre praktische Erfahrung benötigt hat. Aber Änderungen sind notwenig und werden kommen,“ beeilte er sich hinzuzufügen. „Der Zweck des Beirats ist es, Verbesserungen für alle Betroffenen zu schaffen, und nicht den einen oder anderen zu bevorteilen. Das ist eine große Aufgabe und sie erfordert Zeit und intensives Nachdenken.“ Die erste Sitzung fand am 16. September in Atlanta statt.

Titelverteidiger Rex White zog seine Mitgliedschaft in der FPA zurück. „Ich bin der FPA beigetreten und habe nicht mehr weiter darüber nachgedacht“, sagte er. „Rennfahrer haben legitime Interessen, sie wollen faire Verträge und genügend Geld. Der neue Beirat, den France eingesetzt hat, ist eine gute Sache, und es sind Leute beteiligt, die wissen was gut für uns ist. Der Idee der FPA in Bezug auf den Pensionsfont war für mich der Hauptgrund zum Beitritt, aber von nun an denke ich erst mal eine Woche nach bevor ich wieder etwas unterschreibe.“ Ned Jarrett, der aktuelle Tabellenführer in dieser Saison äußerte sich ebenfalls resigniert. „Ich habe die FPA Anmeldung auch unterschrieben, obwohl ich nicht mit allem einverstanden war,“ sagte er. „Viele von uns Fahrern haben aus verständlichen Gründen mitgemacht, aber allmählich ist das Ganze in die falsche Richtung gelaufen.“ Nachdem fast alle NASCAR Fahrer in die Obhut von Bill France zurückgekehrt waren, blieb es Turner und Flock überlassen die Fahne der Gewerkschaft hochzuhalten, mit der Folge, das ihnen nicht vergeben wurde. Die lebenslange Sperre wurde aufrechterhalten.

Turner und Flock reichten bei Gerichten in mehreren Bundesstaaten eine Reihe von Klagen gegen NASCAR und seinen Präsidenten Bill France ein. Nur wenige Tage später wurde Turner von seinen Rechtsanwälten empfohlen, alle Klagen vollständig fallen zu lassen. Der Grund war die Feststellung, das die Gewerkschaften keine Kredite an Vereinigungen geben durften, mit denen sie organisatorisch verbunden waren. Turner und Flock standen auf einmal allein im Regen. Bill France hatte seine Pistolen noch immer scharf, und die Gewerkschaft durfte nichts tun. Mit Hilfe des Grand National Beirats wurden ein paar Neuerungen eingeführt. Vorsichtig kam zu einer gerechteren Verteilung der Preisgelder und zusätzlichen Hilfen für verunglückte Fahrer. Im Sommer 1961 kämpften Curtis Turner und Tim Flock gegen die NASCAR Gesetze — und das Gesetz gewann.

© 1988 Gregory Lawrence Fielden
FORTY YEARS OF STOCK CAR RACING
Deutsche Fassung © 2004 Reiner Melching