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Rückblicke

NASCAR Saison 1967 – Zank, Streit und Richard wird der „King“

Jacques Passino und neun weitere Führungskräfte von Ford tauchten in North Wilkisboro auf, um ein Auge auf die Bemühungen der Ford Teams, und natürlich der Petty Mannen, zu werfen. Reporter Bob Moore, vom Charlotte Observer beschrieb es so: „Zehn hochgeknöpfte Schlipsträger des zweitgrößten Automobilkonzerns führen ihre Hilflosigkeit öffentlich einem großem Publikum vor. In der Firma ist ein Knopf gedrückt worden, mit der Aufschrift P-A-N-I-K.“ Doch schon in Runde 17 verabschiedete sich bei David Pearson, der den ausgeschiedenen Lorenzen bei Holman-Moody ersetzte, der FordWerksmotor. Lorenzen, jetzt aktiv in der Holman-Moody Box sprach kurz mit Pearson und stürmte darauf zur Junior Johnson’s Box. In einer kurzen, heftigen Diskussion, versuchte er Johnson klarzumachen, das er beim nächsten Boxenstopp LeeRoy Yarbrough durch David Pearson ersetzen sollte. Doch Yarbrough blieb in Johnson’s Wagen und wurde dritter hinter Petty und Hutcherson. Richard Petty führte 256 von 400 Runden. Er holte seinen zehnten Sieg in Folge und den 27. in der laufenden Saison.

National 500 auf dem Charlotte Motor Speedway hieß das nächste Rennen des 67er Kalenders. Ford gab nicht auf, und es waren nur noch drei Rennen übrig. Insgesamt neun werksunterstützte Ford sollten Richard Petty’s Plymouth stoppen. Schon am Donnerstag im freien Training war das Rennen für den Junior Johnson Ford mit LeeRoy Yarbrough beendet. „Der Feuerlöscher ging hoch,“ berichtete er. „Ich konnte nichts mehr sehen. Angeschnallt im Sitz, konnte ich noch nicht einmal den Kopf aus dem Fenster halten.“ Der Einschlag in die Mauer hinterließ ein Wrack, das sich in der Kürze der Zeit auch nicht mehr richten ließ. Die NASCAR Regeln dieser Zeit erlaubten kein Ersatzauto. Das Rennwochenende fing schon schlecht an, aber es sollte noch schlimmer kommen. Whitey Gerkin, einer der Außenseiter, die Ford eingesetzt hatte, setzte seinen Ford schon in der zweiten Runde an die Mauer. Gordon Johncock, unterwegs mit einem Bud Moore Mercury, folgte in der 28. Runde. Mario Andretti, Jack Bowsher und David Pearson waren an einem großen Crash in Runde 192 verwickelt. Donnie Allison ging in der 284. Runde der Motor hoch, ein Schicksal, das Cale Yarborough 33 Runden später ebenfalls ereilte. Dick Hutcherson brachte den letzten Werksford ins Ziel, immerhin als dritter. Für Ford hatte das Siegertreppchen erneut verfehlt, obwohl Richard Petty das Rennen nicht beenden konnte. Der Sieger hieß Buddy Baker, der auf einem Dodge, seinen ersten Grand National Sieg feiern durfte.

Zum dritten Mal stand das American 500 in Rockingham, diesmal am 29. Oktober, auf dem Terminkalender. Ford hatte Jim Clark, den Formel 1 Maestro aus Schottland und 10 weitere Werksfahrer gemeldet. Neustes Mitglied im Ford Camp war der zurückgetretene Fred Lorenzen. Während der unzähligen Krisensitzungen in Ford’s Hauptquartier hatte einer der Teilnehmer Lorenzen mitgebracht. Er hatte viele Ideen, die er auch ganz frei äußerte. Doch Ford biss nicht an. Lorenzen ließ nichtlocker, bis einer der Oberen ihn auforderte doch einen Wagen nach Rockingham zu bringen und es besser zu machen. Zehn Tage vor dem American 500 fing er an zu arbeiten, um ein Team, einen Wagen und einen Fahrer zusammen zu schweißen. Er lieh sich einen Ford von Holman-Moody, einen Testwagen, den Mario Andretti verwendet hatte. Er besorgte einen 396 ci. Motor aus einer Werkstatt in Charlotte, übergab ihn den erfahrenen Händen von J. C. „Jake“ Elder und telefonierte mit Bobby Allison. „Ich hatte schon lange Bobby beobachtet,“ sagte er. „Er fährt absolut gleichmäßig, er hat Sachkenntnis und ich war sicher, das er es schaffen würde.“

B
obby Allison hatte sich die 67er Saison erfolglos abgestrampelt. Seine drei Siege 1966 auf einem nur geringschätzig betrachteten Chevrolet brachten ihm 1967 einen Vertrag bei Bud Moore’s Mercury Team. Doch Moore und Allison hatten wenig Erfolg. Als David Pearson das Dodge Team von Cotton Owens verließ, um den vakanten Platz von Lorenzen bei Holman-Moody einzunehmen, wechselte Allison zu Cotton Owens. Kurz darauf gewann er ein 100 Meilen Rennen in Birmingham, Alabama. Es sollte der letzte Sieg für den Owens Dodge in dem Jahr bleiben. Nach dem Firecracker 400, das er als siebter beendete, war Owens nicht bereit seinen Wagen an der Ostküste antreten zu lassen, solange er nicht um die Meisterschaft mitfahren konnte. Doch Allison wollte fahren. Er bat seinen Teamchef um die Erlaubnis für J. D. Bracken und seinen Chevrolet Chevelle im Norden an den Start gehen zu dürfen. Owens hatte keine Bedenken, ihm die Freigabe zu erteilen. Allison sicherte sich am 11. Juli den Sieg auf dem 0,333 Meilen Oval in Oxford, Maine. Zu Haus erwarte ihn die Nachricht, das die Chrysler Chefetage bestürzt war, einen Dodge Werksfahrer in einem Chevy fahren und gewinnen zu sehen. Das Ganze in einem Rennen, für das Dodge gar nicht gemeldet hatte. Als der Anruf von Lorenzen kam, hatte er genügend Gründe zuzusagen, der wichtigste war, er durfte fahren.

Vier Ford standen auf den ersten 4 Startplätzen des American 500. David Pearson stand auf der Pole und Jack Bowsher auf Platz zwei. Allison stellte den Nr. 11 Lorenzen Ford auf Platz drei und Cale Yarborough belegte den vierten Platz. „Schon nach den ersten Trainingsrunden,“ schwärmte Allison, „war mir klar, das der Wagen siegfähig ist. Ich habe Vertrauen zu dem Auto, genauso wie zu den Fähigkeiten von Lorenzen und seiner Crew. Er weiß was er tut. Seine Siege als Fahrer beweisen das er das Potential hat.“ Bobby Allison führte das Rennen sechsmal für insgesamt 164 Runden an. Er siegte mit einer Runde Vorsprung vor David Pearson. Richard Petty war schon zur Halbzeit des Rennens nach einem Unfall in der Boxengasse ausgeschieden. Fred Lorenzen hatte das Rennen von der Boxenmauer her bestimmt. Er dirigierte seinen Fahrer wie ein Fernsehdirektor eine TV-Show. Ausgestattet mit minutiösen, schriftlichen Anweisungen, beispielsweise zu Art und Ablauf von Boxenstopps, überließ er so gut wie nichts dem Zufall. Und das Team als auch der Fahrer hielten sich daran. Lorenzen signalisierte Allison zum Rennende „Slow Down“. Allison verringerte seinen Rundenschnitt von 112 auf 108 mph. „Slow Down Some More“ lautete das nächste Boxensignal. Allison senkte den Schnitt weiter auf 104 mph und überquerte die Ziellinie mit hinter dem Kopf verschränkten Händen.

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etztlich hatte Ford die eigene Dürreperiode beendet. Fred Lorenzen und seine Ideen hatten zum Abschluss der Saison endlich grünes Licht bekommen uns so wurde das letzte Rennen dann auch zu einem absoluten Höhepunkt. Allison’s Ford und Petty’s Plymouth, nahezu gleich schnell kämpften ein einsames Privatrennen beim Western North Carolina 500 auf dem Asherville-Weaverville Speedway. In Runde 479 zog Petty in Kurve 1 an dem um die Kontrolle des Wagens kämpfenden Allison vorbei und übernahm die Führung. Sechs Runden vor Schluss gelang es Allison, Petty die Führung wieder abzunehmen, und diesmal gab er sie nicht wieder ab. „Diese 500 Runden haben mich mindestens fünf Jahre meines Lebens gekostet,“ stöhnte ein zitternder Fred Lorenzen danach. „Aber so wie ich es sehe, hat Bobby Allison hier das Rennen seines Lebens geliefert.“

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ie Saison 1967 wurde nicht von einem Boykott überschattet, obwohl es zu Beginn des Jahres noch zu befürchten war. Im Laufe der Saison wurde Richard Petty zum King, und zum Ende des Jahres war Bobby Allison zur Spitze der Grand National Fahrer aufgerückt. Die Saat für eine spannende, jahrelange Rivalität war ausgebracht.

© 1989 Gregory Lawrence Fielden
FORTY YEARS OF STOCK CAR RACING
Deutsche Fassung © 2006 Reiner Melching