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Rückblicke

NASCAR Saison 1959 – Der Daytona International Speedway wird eröffnet

Am Samstag, dem Tag vor dem Daytona 500, fand noch ein 200 Meilen Modified-Sportsman Rennen statt. Edwin „Banjo“ Matthews überrundete das gesamte Feld und durfte sich über $2.400 freuen. Junior Johnson wurde vierter, erhielt $500 und steht in den Geschichtsbüchern als der erste Fahrer, der auf dem neuen Daytona International Speedway disqualifiziert wurde. Die NASCAR Offiziellen fanden in seinem Wagen einen Benzintank mit erheblich mehr Fassungsvermögen als den erlaubten 20 Gallonen.

Jack Smith, der in der Qualifikation nur 136,425 mph erreicht hatte, gewann das 25 Meilen Trostrennen der Grand National mit einem Rundenschnitt von 141,288 mph. NASCAR hatte alle Fahrer, die in der Qualifikation gepatzt hatten, zu diesem Trostrennen eingeladen.
Das Startfeld in der Boxengasse von DaytonaDer Sonntag zeigte sich warm und sonnig. Johnny Bruner Sr. schwenkte die grüne Flagge von der Innenseite des Ovals aus, fraglos eine mutige Tat wenn man bedenkt, das 59 Wagen mit brüllenden V8 Motoren 2-3 Meter vor seinen Füßen, stellenweise zu viert nebeneinander, einen fliegenden Start hinlegten. Bob Welborne und Tom Pistone führten das Feld in den ersten Runden an. Fireball Roberts, als 46. gestartet, stürmte durch den dichten Verkehr nach vorn. Jack Smith und Tim Flock, auf den Plätzen 41 und 42 am Start, hefteten sich an Fireballs Stoßstange, und das schnelle Trio pflügte unaufhaltsam in Richtung Spitze. In Runde 23 war es soweit, Roberts übernahm in seinem Pontiac die Führung, und zog, jetzt mit freier Bahn, auf und davon. Sein Vorsprung war bereits erheblich, als in der 56. Runde die Benzinpumpe seines Wagen streikte. Jack Smith’s Chevrolet übernahm die Spitze für die folgenden 47 Runden, bis dem Veteran aus Sandy Springs, Georgia, Reifenprobleme einen 4 Runden Rückstand einbrachten. Auch den darauf Führenden T-Birds von Tim Flock und Curtis Turner, machten Reifenprobleme einen Strich durch die Rechnung, und sie fielen, in dem ohne Gelbphasen auskommenden Rennen, weit zurück. Inzwischen lagen nur noch Johnny Beauchamp und Lee Petty in einer Runde. Während der letzten 125 Meilen wechselte die Führung Dutzende Male hin und her. Alle Augen waren in den letzten Runden auf Beauchamp’s Thunderbird und Petty’s Oldsmobile gerichtet, denn es war klar, das der Newcomer und der zweimalige Grand National Champion dieses Rennen unter sich ausmachen würden. In der vorletzten Runde liefen sie auf den zwei Runden zurückliegenden Joe Weatherly auf. Petty führte mit einer Wagenlänge, als Johnny Bruner Sr. die weiße Flagge schwenkte. Das Trio raste geschlossen auf die Zielgerade zu und überquerte zu dritt nebeneinander die Ziellinie. Die 41.921 Zuschauer waren aufgesprungen, aber die Wagen waren so dicht beieinander gewesen, das niemand einen klaren Sieger hatte erkennen können.

France und Brunner, beide an der Ziellinie stehend, erklärten unisono Beauchamp zum Sieger des Rennens. Als das Ergebnis über Lautsprecher verkündet wurde, kam es zu lautstarken Protesten von den Rängen. Bernhard Kahn, vom Daytona Beach Journal, sammelte 12 akkreditierte Kollegen, die alle das Zielfinish gesehen hatten — und alle bestätigten, das Lee Petty als erster über die Linie gefahren sei. Inzwischen herrschte allgemeine Konfusion. „Für mich und John hat es ausgesehen, als wäre Beauchamp einen halben Meter vorn gewesen,“ erklärte France. „Bisher hat man noch nie Zielkameras im Autorennsport gebraucht, aber ich werde mal sehen, ob wir so etwas nächstes Mal dabei haben können.“ „Ich wünsche niemanden, so eine Entscheidung treffen zu müssen,“ sagte John Bruner Sr. „Das nächste Mal hab ich eine Kamera oder ein anderes elektronisches Gerät dabei, und wenn ich es selbst kaufen muss.“ Petty begab sich zur Victory Lane, aber NASCAR und die Streckenposten warteten auf Johnny Beauchamp. „Ich gehe davon aus, das ein Fahrer, der einen halben Meter Vorsprung vor einem anderen hat auch der Gewinner ist,“ sagte Petty. „Ich hoffe auch, das der entsprechend das Preisgeld für den Sieg bekommt. Ich weiß, das ich gewonnen habe.“ Beauchamp verteidigte die ursprüngliche Entscheidung und sagte: „Ich war vorn.“ Roy Burdick aus Omaha, Nebraska, Besitzer von Beauchamps T-Bird, erklärte seinen Fahrer zum Sieger. „Mit dem Schatten des Zweifelns. Wir hätten ganz sicher mit wesentlichen Vorsprung gewonnen, wenn Weatherly nicht so rücksichtslos gefahren wäre,“ sagte Burdick. Joe Weatherly, obwohl zwei Runden zurück, war nicht bereit gewesen, den beiden um den Sieg fahrenden Kollegen, auch nur einen Zentimeter seines Vorsprungs abzugeben. „Als ich über die Ziellinie kam, war ich eine Haubenlänge vor Petty,“ sagte Weatherly. „Und Petty hat den selben Vorsprung vor Beauchamp gehabt. Wenn er dieses Rennen nicht gewonnen hat, hat er noch nie eins gewonnen. Ich weiß gar nicht worüber die alle reden. Petty hat ganz einfach gewonnen.“ Durch seinen kleinen Vorsprung auf der Ziellinie, war es Weatherly noch möglich gewesen die Runde zu Ende zu fahren. Er belegte am Schluss den fünften Platz, mit 199 gefahrenen Runden.

Wegen der lautstarken Proteste erklärte Bill France das Ergebnis als inoffiziell. Er bat dringend alle, die Fotos oder Filme vom Zieleinlauf gemacht hatten, diese zur Verfügung zu stellen. Er wollte warten, bis zweifelsfrei war, ob Beauchamp oder Petty vorn gelegen hatte. Am Ende meldeten sich nur sieben Fotografen bei NASCAR, bestätigten einheitlich, das Petty einen Vorsprung auf der Ziellinie gehabt hätte, doch keiner hatte genau diesen Moment auf Zelluloid gebannt.

Die letzten Meter vor dem Zieleinlauf in DaytonaAm Mittwoch, drei Tage nach dem Rennen, traf der entwickelte Film von Hearst Metrone News of the Week aus New York in Daytona ein. Dieser Filmausschnitt bewies nun endlich, dass Lee Petty das erste Daytona 500 gewonnen hatte. Um 18.00 Uhr, fast genau 61 Stunden nach dem Zieleinlauf, wurde der offizielle Sieger verkündet. „Der Film hat gezeigt, das die Wagen von Beauchamp und Petty ihre Positionen, die auf allen Fotos vor dem Zieleinlauf zu sehen waren, nicht mehr verändert haben,“ sagte France. „Petty ist der Sieger.“

Weder Petty noch Beauchamp führten die Diskussion nach dieser Entscheidung noch weiter. Vielmehr beschäftigte beide das, was sie beim Fahren einer hinter dem anderen, beim Gerangel um die $19.000 Preisgeld erlebt hatten. Während des Rennens waren sie viel zu beschäftigt gewesen um auf den Gedanken zu kommen, das es so was wie Windschatten geben konnte. Die meisten der alten Hasen ahnten nach dem ersten Daytona 500, das der Windschatten einen großen Einfluss auf die eigene Geschwindigkeit hatte. Da auf diesem Kurs nicht direkt gebremst werden musste, war es auch nur vom eigenen Mut abhängig, wie dicht man sich dem Vordermann nähern wollte. So konnten diese Erfahrungen effektiv auch erst beim zweiten Auftritt der Stock Cars in Daytona, dem Firecracker 250, am 4. Juli 1958, überprüft werden.

 

Das Firecracker 250 war als „Sweepstake“ Rennen ausgeschrieben, also für Grand National und Convertibles gemeinsam auf der Strecke. Die Pole hatte sich Fireball Roberts gesichert, der auf seinem Grand National Pontiac mit 144,997 mph gestopt wurde. Doch schon auf Platz zwei lag der erste Convertible, Bob Burdick’s T-Bird, der mit 140,911 mph gezeitet war. Burdick ersetzte Johnny Beauchamp im Wagen seines Vaters Roy Burdick. Joe Weatherly war zum Firecracker 250 mit einem Ford Thunderbird Convertible gemeldet, der Doc White, einem Zahnarzt aus Orlano, Florida, gehörte. Weatherly qualifizierte sich mit seinem T-Bird Cabrio, über zwei Runden, mit 139,664 mph für den 12. Startplatz, und wusste, das seine einzige Chance im Windschatten der Grand Nationals lag. Unter der Hand wurde in der Presse schon lange über Weatherly’s Hang zu verbalen Abkürzungen gewitzelt, und auch diesmal enttäuschte er sie nicht. „I stuck the nose of my ‚Bird under the rear of ‚Ball’s Big Indian and he took me for a ride.“ Übersetzt: Joe wollte den Kühlergrill seines Thunderbird ganz dicht hinter Fireball’s großen Pontiac zu platzieren, um dessen Windschatten optimal auszunutzen. Statistisch betrachtet, war Weatherly tatsächlich der erste, der sein ganzes Rennen auf diesem Effekt aufgebaut hat. Obwohl er nur etwas mehr als 139 mph in der Qualifikation erreicht hatte, lag sein Rundenschnitt gemessen nach 25 – 50 – 100 Meilen, bei 144,0 – 143,765 – 142,857 mph. Nach der ersten Runde der Boxenstopps hatte Roberts den nervenden Verfolger endlich abgeschüttelt. Er gewann das erste Firecracker 250 mit einem Durchschnitt von 140,581 mph. Joe Weatherly kam auf Platz zwei, 57 Sekunden hinter Roberts, und einem Schnitt von 139,34 mph, also 0,3 mph langsamer als in der Qualifikation. Ein Carl Kieckhaefer hätte sich nicht mit dem Rechnung über 250 Meilen zufriedengegeben, sondern das Rennen in seinen einzelnen Teilen betrachtet und seine Strategie darauf ausgerichtet. So blieb es dem einzelnen Fahrer überlassen ob er Konsequenzen daraus zog.

Die ersten beiden Veranstaltungen auf Daytona International Speedway, das Daytona 500 wie auch das Firecracker 250 waren ohne Gelbphasen ausgekommen. Das war leider nicht so, als die USAC Indy Cars am 4. April für zwei 100 Meilen Testrennen auf der schnellste Rennstrecke der Welt eintrafen. George Amick, der in seinem Rookie Jahr zweiter beim Indy 500 wurde, holte mit 176,887 mph die Poleposition. Jim Rathmann beendete den ersten 100 Test nach 35 Minuten und 14,4 Sekunden und einem Durchschnitt von 170,261 mph. Genau im Moment als die Zielflagge geschwenkt wurde, verlor Amick, der um den dritten Platz kämpfte, die Kontrolle über seinen Wagen und schlug mit etwa 190 mph in die Leitplanken. Das Vorderteil des Fahrzeugs mit dem Motor wurde komplett abgerissen, acht stabile Stahlpfosten der Leitplanken waren auf Metallsplitter reduziert, als Amick mit dem Rest des Wagens kopfüber 300 Meter weiter auf der Gegengerade liegen blieb. Er war sofort tot.

Auch das zweite Testrennen, vorsichtshalber auf 50 Meilen verkürzt, wurde von Jim Rathmann gewonnen. Es waren die Fahrer selbst gewesen, die um diese Verkürzung gebeten hatten. Nicht ganz überraschend sagte USAC Direktor Henry Banks das für den 4. Juli geplante 300 Meilen Indy Car Rennen, auf dem Daytona Speedway, komplett und ersatzlos ab. „Die Strecke von Daytona ist zu weit weg von dem, was mit unseren Material, das im Moment zur Verfügung steht, technisch möglich ist,“ bemerkte Banks. „Wir haben noch eine Menge Forschung, soweit es diese Strecke betrifft, zu betreiben. Wir müssen herausfinden wo die Probleme liegen. Wir wussten das wir hier sehr hohe Geschwindigkeiten erreichen würden, aber wir haben nicht so viele Probleme vorhersehen können. Bei mehr als 175 mph haben die USAC Speedway Cars die Tendenz zum Abheben. Wir müssen noch mehr Testen, bevor wir nach Daytona zurückkehren können.“ Das abgesagte Indy Car Rennen wurde erfolgreich durch das Firecracker 250 ersetzt. Die Indy Cars kehrten nie wieder nach Daytona zurück. Doch ihr kurzer Auftritt machte Bill France’s neue Kreation zur nachweislich schnellsten Strecke der Welt. Es dauerte noch 12 Jahre bevor George Amick’s Qualifikationsgeschwindigkeit aus Daytona, auf der Strecke von Indianapolis endlich übertroffen wurde.