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NASCAR Saison 1956 – Kiekhaefer holt 30 Siege – und verschwindet

Carl KiekhaeferCarl Kiekhaefer tritt erstmals 1955 in Daytona an, und ist am Ende der Saison einer der einflussreichsten Männer der NASCAR Grand National Serie. Seine Millionen, die der Jungunternehmer mit seiner Firma Mercury Outboard aus Fond Du Lac, Wisconsin, gemacht hatte, hievten den Stock Car Sport auf eine neue, bisher unbekannte professionelle Ebene. Er war überzeugt davon, das sein Firmenlogo auf einem Siegerwagen, den Verkauf seiner Bootsmotoren fördern würde. Er stieg somit ganz gezielt mit dem Ziel des geschäftlichen Erfolges in den Stock Car Sport ein. Während für die Teilnehmer der vergangenen sechs Jahre der Spaßfaktor noch im Vordergrund gestanden hatte, war jetzt eine neue Dimension erreicht worden. Bisher waren alle Teams, wenn sie sich ein wenig Mühe gaben, auch konkurrenzfähig, und selbst wenn es mal nicht so lief, blieben man ungebrochen optimistisch. Carl Kiekhaefer änderte das alles. Die Saison 1955 war für die unverwüstlichen Chrysler 300 Kiekhaefers nur Aufwärmtraining. Seine Wagen siegten in 22 Rennen, bei 40 Starts. Sein wichtigster Fahrer Tim Flock allein, gewann davon 18, und holte sich den Grand National Titel.

Kiekhaefer hatte beim Warmlaufen schon einen beneidenswerten Rekord aufgestellt, für 1956 wollte er ernsthaft beginnen. Zuerst verpflichtete er Buck Baker als weiteren Fahrer, der Tim Flock in der vergangenen Saison einen harten Kampf geliefert hatte. Kiekhaefer nahm im Januar 1956 telefonisch Kontakt auf. „Wenn du wirklich der große Hundesohn bist, als den dich die Leute bezeichnen, bin ich mal darauf gespannt. Willst du für mich fahren?“ Baker wunderte sich welchen Clown er da wohl am Ende der Leitung hatte. „Ich glaubte zuerst an einen Joke, schließlich hatte ich seinen Fahrern einen harten Kampf geliefert und sogar ein paar Siege weggeschnappt. Ich war der Ansicht, ich wäre nun wirklich der Letzte, den er fragen würde seine Wagen zu fahren.“ Das erste Rennen für den neuen Chef von Buck Baker, eigentlich heißt er richtig Buck BakerElize Wylie Baker, war am 22. Januar bei einem 150 Meilen Rennen auf dem Phoenix Fairground. Auf Kiekhaefers Chrysler gewann Baker das Rennen, dessen Wagen auch die Plätze zwei und drei belegten. Die Bühne war bereitet. Kiekhaefer war Perfektionist, der von seinen Mitarbeitern die gleiche Perfektion verlangte. Das betraf auch die Fahrer. Er hatte viele Ideen wie etwas verbessert werden konnte in seinem Reich, und setzte sie um, ohne wenn und aber. Er stellte einen Meteorologen ein, der mit eigenen Equipment, und mit Hilfe örtlicher Stationen wichtige Wetterdaten zu liefern hatte. Alle Fahrer hatten einen schriftlichen Bericht zu abzugeben. Welche Gänge wurden wo verwendet, welche Öltemperaturen ergaben sich auf dem Kurs, wie sich die Reifenhaftung veränderte, und vieles andere mehr. Bodenproben wurden von allen Dirt Tracks genommen. Diese Daten wurden analysiert und ausgewertet, um beim nächsten Mal noch besser zu sein. Doch Kiekhaefer reichte das noch nicht. Er mietete, wenn es möglich war, gleich ganze Hotels mit 40 bis 50 Zimmern, und verteilte die Männer in Zimmer auf der einen, und Ehefrauen und Freundinnen auf der anderen Seite des Flurs. In der Nacht vor dem Rennen war dieser Flur die Grenze, die von keiner Seite überschritten werden durfte. Kiekhaefer war sich nicht zu schade, die Einhaltung seiner Vorgaben, mit Zimmerkontrollen, konsequent zu überwachen. Seine Regeln waren denen des Militärs sehr ähnlich, nur das er seine Soldaten mit bis $40.000 im Jahr fürstlich entlohnte. In den ersten 25 Rennen der Saison holten seine Fahrer 21 Siege. Seine Chrysler und Dodge Fahrzeuge feierten dabei noch 11 Doppelsiege. Er setzte Rekordmarken, die für die Ewigkeit reichten, seine Fahrer siegten in der Zeit vom 25. März bis zum 30. Mai ohne Unterbrechung 16 mal in Folge.

Der ungebremste Erfolg und die Dominanz der Kiekhaefer Truppe machte Bill France inzwischen große Kopfschmerzen. Auch die anderen Teams fingen an sich zu beklagen. Sie hatten das Gefühl, das eine solche Überlegenheit nur unter Verwendung illegaler Teile möglich wäre. So hatten die NASCAR Inspektoren auch ein scharfes Auge auf Kiekhaefers Wagen geworfen. „Nicht einer war in der Lage irgend etwas verbotenes in Carl’s Fahrzeugen zu finden,“ erinnert sich Bill France. „Und glaub mir, wir habenLastwagen des Carl Kiekhaefer Teams alles versucht.“ France war nicht der einzige, dem die Überlegenheit eines Teams ein Dorn im Auge war. Auch die Zuschauer waren es Leid, um die $2,50 bis $10 Eintritt zu bezahlen, um ein Privatrennen der Kiekhaefer Wagen um die ersten Plätze zu erleben. Sie äußerten ihren Unmut, indem sie die Siegerehrungen mit Hohn und Spott begleiteten. Die Pfiffe, Buhrufe und die leeren Flaschen, die bei Rennende auf die Strecke prasselten, irritierten Kiekhaefer. Akribische Vorbereitungen, die qualifiziertesten Mechaniker und besten Fahrer, zogen bisher nie da gewesene Erfolge nach sich. Kiekhaefer glaubte, das jeder Beobachter daraus lernen und selbst ebenfalls Erfolge erzielen kann. Am Ende der ersten Hälfte des Jahres 1956 hatten die Schmähungen eine nicht mehr zu übersehende Dimension erreicht. „Mr. K hatte das Gefühl, das die Buhrufe seinem Geschäft mit Bootsmotoren auf Dauer eher schaden,“ sagte der neunfache Sieger Buck Baker. „Sein Hauptaugenmerk war der Geschäftserfolg für seine Firma, und die Reaktionen der Zuschauer waren für ihn völlig unverständlich. Er zog Mitte des Jahres immer mehr zurück. Aber er wusste auch um die Verantwortung für seine Teammitglieder und Fahrer, und ließ uns die Saison zu Ende fahren.“ Nach seiner unglaublichen Siegesserie am Anfang, konnten die Kiekhaefer Wagen nur noch vier Siege in den letzten 20 Rennen erzielen.