Im Frühjahr 1953 schloss sich der Raleigh Speedway, ein 1-Meilen Oval,früher Southland Speedway genannt, dem NASCAR Zirkus an. Das Eröffnungsrennen 1952 hatte man noch unter der Schirmherrschaft der AAA mit einem Indy Car Rennen ausgerichtet. Doch das Interesse im Südosten der USA anzutreten, war bei den Open Wheelern weiterhin nur gering ausgeprägt. So kostete es Bill France nicht viel Mühe, die Streckenbesitzer davon zu überzeugen, das man Stock Car Rennen unter der NASCAR Ägide in dieser Gegend gutes Geld verdienen kann. So unterstützte er die Werbekampagne für ein 300 Meilen Grand National Rennen, das am 30. Mai, dem Tag des Indy 500, geplant war. Raleigh, das als „One Mile Super Fast Track“ bezeichnet wurde, einem Vorläufer der heute bekannteren Bezeichnung Superspeedway. In einer Zeitungsanzeige von NASCAR war zu lesen: „North Carolina’s Rennfans werden Zeugen der größten Veranstaltung in der Geschichte des Rennsports ihres Staates sein, wenn Bill France das 300 Meilen Grand National Rennen am Memorial Day, dem 30. Mai eröffnet.“ Um allen Nachahmern den Wind aus den Segeln zu nehmen, in Erinnerung an Johnny Mantz, der beim ersten Southern 500 in Darlington, seine weitaus stärkere Konkurrenz mit der Verwendung von Lastwagenreifen düpierte, wurde flugs eine neue Regel verkündet, die fortan die Verwendung von Spezialreifen auf Asphaltkursen verbot. Die Tribünen waren am Memorial Day mit 15.235 Zuschauern besetzt, als das Feld der 49 Stock Cars die grüne Flagge sah. Fonty Flock, wegen Motorproblemen nur 43. am Start, pflügte durch das Feld, und übernahm 105 Runden vor Schluss die Führung. Er schlug Speedy Thompson mit zwei Runden Vorsprung und kassierte $3500 für den Sieg. Die Raleigh Streckenbesitzer waren so beeindruckt von der Professionalität mit der NASCAR das Rennen im Vorfeld gefördert, und ausgerichtet hatte, das sie gleich noch ein 220 Meilen Sportsman und Modified Rennen für den 19. September in den Kalender schoben.
An diesem 19. September 1953 traten 60 Fahrer mit ihren Wagen, auf der Jagd nach $15.000 Preisgeld, am frühen Abend auf dem Raleigh Speedway an. Es war das erste Nachtrennen auf einem Superspeedway. Als die Fahrer über Lautsprecher aufgefordert wurden ihre Motoren zu starten, hatte Bill Blevins, ein 25 Jahre junger Rookie aus dem nahegelegenen Fayetteville, Schwierigkeiten seinen Ford in Gang zu bringen. Von einem der Abschleppwagen angeschoben, nahm der Motor aber doch seine Arbeit auf, und Blevins Wagen konnte die Boxengasse verlassen. Doch schon auf der Gegengeraden verstummte der Motor erneut, und der dunkelbraune Ford rollte langsam aus. Blevin hoffte darauf, erneut angeschoben zu werden, bevor die grüne Flagge fiel. Doch niemand, weder im Kontrollturm, noch an der Strecke, bemerkte das Fehlen des Fahrzeugs, das still auf der dunkelen Gegengeraden stand. Der Starter schickte das Feld der 59 Wagen auf die Reise. 10.000 Zuschauer erlebten den Horror, als die Autos, dicht gedrängt, mit Höchstgeschwindigkeit auf das stehende Fahrzeug trafen, und die Gegengerade explosionsartig hell erleuchtet wurde. Nicht weniger als 12 Wagen fuhren direkt in Blevins Fahrzeug hinein, das wie ein Ball umhergeworfen wurde. Ein ineinander verkeiltes Blechknäuel von 15 Wagen blieb zurück, und ein fast hysterischer Streckendirektor stoppte das übriggebliebene Feld mit der roten Flagge auf der Zielgeraden. Die Hilfskräfte und Sanitäter stürmten auf die andere Streckenseite, die nun wieder in fast friedlicher Dunkelheit lag. Bill Blevin und Jesse Midkiff aus Burlington, North Carolina, konnten nur noch tot aus ihren Wracks geborgen werden. Weitere acht Fahrer mussten mit schwersten Verletzungen in die umliegenden Krankenhäuser gebracht werden. Eine Stunden und 20 Minuten dauerten die Aufräumungsarbeiten, bevor ein um 20 Fahrzeuge geschrumpftes Feld erneut startete. Das Rennen wurde zurecht als Schwarzer Samstag des amerikanischen Rennsports betitelt. Sieger, des auf 170 Meilen verkürzten Rennens, wurde Buddy Shuman aus Charlotte, mit zwei Runden Vorsprung vor Bill Widenhouse. (Anmerkung des Verfassers: Buddy Shuman starb 2 Wochen nach dem Saisonfinale 2003, in dessen Verlauf der 87-jährige als ältester noch lebender NASCAR Fahrer gefeiert wurde.)
Doch auch positive Nachrichten gab es in der Saison 1953 zu vermelden. NASCAR und der Langhorne Speedway planten die Ausrichtung eines internationalen Stock Car Rennens über eine Distanz von 200 Meilen, das für in- und ausländische, geschlossene Serienwagen ausgeschrieben war. „Diese von NASCAR unterstützte Veranstaltung soll zeigen, in welchem Verhältnis unsere Automobiltechnik im Vergleich zu Importen wie Mercedes oder Jaguar stehen,“ sagte Bill France bei einer Pressekonferenz. Ein Jaguar, gefahren von Lloyd Shaw, holte sich die Poleposition mit einer Geschwindigkeit von 82,2 mph. Aber Dick Rathman’s Hudson Hornet stürmte zum Sieg, 200 Runden lang in Führung liegend. Die amerikanischen Grand National Wagen belegten die ersten fünf Plätze, ein Jaguar und zwei Porsche waren zumindest in den Top 10. Es war zwar kein Mercedes am Start, aber dafür ein Volkswagen Käfer, der sich, vom ortsansässigen Dick Hagey pilotiert, mit einer Geschwindigkeit von nur 48 mph qualifiziert hatte. Als der Sieger Dick Rathman nach 200 Meilen die karrierte Flagge sah, lag der VW Käfer auf dem 19. Platz, in einem 38 Wagen umfassenden Feld, und hatte etwas mehr als 120 Meilen des Rennens hinter sich gebracht.
FORTY YEARS OF STOCK CAR RACING
Deutsche Fassung © 2004 Reiner Melching